Wie kann man Konflikte am Arbeitsplatz friedlich lösen?
veröffentlicht am %25-%958-%2023
Am Arbeitsplatz treffen Menschen aufeinander, die unterschiedliche Ziele verfolgen und verschiedene Erwartungen, Werte und Bedürfnisse haben. Dass hierbei immer wieder Meinungsverschiedenheiten und Differenzen entstehen, ist nicht verwunderlich. Konflikthafte Situationen können, wenn ungelöst, bei den Beteiligten oftmals belastende Gefühle wie Stress und Angst auslösen und damit das Wohlbefinden sowie die Arbeitszufriedenheit und Produktivität beeinträchtigen.
Gemeinsam gut gelöste Konflikte bringen allen Beteiligten Vorteile. Betrachtet man das Problem aus der Perspektive des personzentrierten Ansatzes, müssen für eine erfolgreiche Beziehungsgestaltung drei Voraussetzungen gegeben sein: Bedingungsfreies Akzeptieren, einfühlendes Verstehen und Authentizität.
Konflikte verstehen
Konflikte entstehen laut dem personzentrierten Ansatz, wenn Menschen das Gefühl haben, dass ihre Bedürfnisse oder Überzeugungen nicht gehört oder erfüllt werden. Viele Konflikte ließen sich also vermeiden, wenn die Beteiligten miteinander kommunizieren und ihre Bedürfnisse und Perspektiven offen ausdrücken würden.
Ein Beispiel: Eigentlich versteht sich Max mit seinem Kollegen Tim sehr gut. Seit die beiden sich ein Büro teilen, geht Max aber Tims Anrufverhalten auf die Nerven. So führt Tim seine häufigen Arbeitsanrufe sehr lautstark, gestikuliert dabei wild und läuft durchs ganze Zimmer. Oft nutzt er auch die Freisprechfunktion. Max fühlt sich dadurch in seiner Konzentration gestört. Als er Tim mit seinen Gefühlen konfrontiert, reagiert dieser abwehrend und sagt, er würde übertreiben. Max ist enttäuscht und sauer.
Empathie und Verständnis
Auch das Arbeitsklima spielt bei der Entstehung von Konflikten eine wichtige Rolle. Schließlich bekommen die Beschäftigten schneller das Gefühl, sich nicht voll entfalten zu können, wenn der Arbeitsdruck hoch, die Kommunikation intransparent oder Aufgabenbeschreibungen nicht klar definiert sind. Es ist daher wichtig, neben dem unmittelbaren Auslöser auch die Ursache eines Konflikts zu kennen.
Für die Konfliktbewältigung spielen Empathie und Verständnis eine Schlüsselrolle, wie auch in der Gewaltfreien Kommunikation (GfK) nach Marshall B. Rosenberg betont wird. Rosenberg war stark von den humanistischen Prinzipien Carl Rogers' beeinflusst, besonders dessen personzentriertem Ansatz. Im Konflikt zwischen Max und Tim sollten daher beide versuchen, einander zuzuhören und zu verstehen, anstatt nur ihre eigenen Argumente vorzubringen. Beispielsweise könnte Max signalisieren, dass er offen für einen ehrlichen Austausch ist und kein Interesse an bloßen Anschuldigungen hat. Tim würde gut daran tun, erst einmal nur zuzuhören, statt Max Erleben sofort kleinzureden. Die Anwendung der GfK-Prinzipien kann hierbei zu einer konstruktiven und empathischen Kommunikation führen.
Kompromiss und Zusammenarbeit
Die Bereitschaft zu kooperieren und Kompromisse einzugehen, ist essentiell für die Konfliktlösung am Arbeitsplatz. So erfordert eine konstruktive Konfliktlösung im personzentrierten Ansatz, dass beide Parteien bereit sind, eine für alle akzeptable Lösung zu finden.
In unserem Beispiel sollten Max und Tim also offen bleiben und gemeinsam an einer Win-Win-Lösung arbeiten. Tim könnte anbieten, seine Gespräche per Headset zu führen und auf eine angemessene Lautstärke zu achten. Max muss vielleicht akzeptieren, dass sein Kollege natürlicherweise viel gestikuliert und lauter spricht als er selbst. Indem beide ein Stück weit aufeinander zugehen, drücken sie dem anderen ihre Wertschätzung und Verständnis für seine Sichtweise aus.
Selbstreflexion
Ein weiterer wichtiger Aspekt für die Konfliktlösung am Arbeitsplatz ist Selbstreflexion. Denn: Nur wer seine eigenen Bedürfnisse und Überzeugungen kennt, kann seine Standpunkte auch besser verständlich machen und verteidigen. Außerdem entwickelt man so ein tieferes Verständnis für die eigenen Vorurteile und Annahmen, kann diese hinterfragen und alternative Lösungen entwickeln.
Würden sich nämlich Max und Tim aus unserem Beispiel selbst einige Fragen stellen, kämen sie eventuell zu einer ganz anderen Einschätzung der Konfliktsituation. Durch Selbstreflexion würde Tim vielleicht erkennen, dass sein bisheriges Verhalten wirklich nicht besonders rücksichtsvoll war. Und Max käme vielleicht auf den Gedanken, dass er bisher noch an jedem Büropartner ein Problem entdeckt hat und daher an seiner Toleranz arbeiten sollte.
Offenheit und Ehrlichkeit
Entscheidend für die erfolgreiche Lösung von Konflikten am Arbeitsplatz ist eine offene und ehrliche Kommunikation. Der Grund: Menschen belohnen Offenheit mit Vertrauen. Um eine positive Veränderung herbeizuführen, ist es daher wichtig, die eigenen Ängste und Vorbehalte zu überwinden und der anderen Konfliktpartei mit Ehrlichkeit zu begegnen.
Wenn Max und Tim sich in unserem Beispielkonflikt offen sagen, was sie denken und fühlen, legen sie die Karten auf den Tisch und vermeiden still schwelende Streitigkeiten, die langfristig die Arbeitsatmosphäre vergiften. Indem sie ihren Ärger und ihre Ängste verbalisieren, ergreifen sie die Möglichkeit, sich unverstellt und authentisch zu äußern. Das schafft Nähe statt Distanz. Es kommt zu echten Gesprächen, mit denen sich Konflikte am Arbeitsplatz konstruktiv lösen lassen.
Tipps zur Anwendung der Kernthesen
Eine respektvolle, empathische und offene Kommunikation ist zentrale Voraussetzung für eine erfolgreiche Konfliktlösung im Beruf. So helfen ein aktives und empathisches Zuhören und Verstehen, die Konfliktursachen aufzudecken und die dem Konflikt zugrundeliegenden Gefühle zu erkennen. Statt das Erleben der anderen Person abzutun, sollte man es ernst nehmen und gemeinsam an einer Lösung arbeiten. Dabei sind beide Parteien aufgefordert, sich aufeinander zuzubewegen, offen und ehrlich zu kommunizieren und einen Kompromiss einzugehen. Außerdem wichtig für die Konfliktlösung am Arbeitsplatz ist es, die eigenen Bedürfnisse und Überzeugungen, Vorurteile und Annahmen zu kennen und kritisch zu hinterfragen.